Hintergrund
Arbeitsbezogene Faktoren
Handlungsspielraum
Gewährter Handlungsspielraum ermöglicht die Befriedung des menschlichen Grundbedürfnisses nach Selbstbestimmung. Beschäftigte können sich als „Verantwortliche“ erleben. Dies wird erreicht in dem Beschäftigten die Möglichkeit gegeben wird selbst zu entscheiden, wie und wann sie ihre Aufgaben mit selbstgewählten Methoden oder Vorgehensweisen ausführen.
Abwechslungsreichtum
Ein gewisser Abwechslungsreichtum ermöglicht verschiedene Kompetenzen einzubringen und vermeidet das Erleben von Monotonie. Daher sollte beim Erleben von Monotonie das Tätigkeitsfeld um weitere Tätigkeiten mit demselben Anforderungsniveau (Job Enlargement) oder mit Tätigkeiten auf einem höherem Anforderungsniveau (Job Enrichment) erweitert werden.
Möglichkeit eigene Kompetenzen einzubringen
Je mehr persönliche Stärken im Job gefragt sind desto weniger erleben sich Beschäftigte als ersetzbar. Sie erfahren sich in diesen Kontexten als einzigartig – als Individuum. Wenn Beschäftigte eine größere Herausforderung bei der Arbeit suchen und an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz unterbeschäftigt sind (d. h. Aufgaben oder Tätigkeiten ausführen, die nicht ihren Qualifikationen entsprechen), werden sie sehr wahrscheinlich eine geringere Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit erleben.
Vollständigkeit der Aufgabe
Konkrete Aufgaben einer Tätigkeit sollten planende, kontrollierende und ausführende Anteile statt nur Bruchstücke enthalten. Dies ermöglicht die Aufgabe als ganzheitlich zu erleben und sich z. B. für einen Prozess verantwortlich bzw. zuständig zu fühlen, was wiederum das Sinnerleben erhöht.
Aufgabenbedeutsamkeit
Die Arbeitstätigkeit sollte so gestaltet sein, dass Beschäftigte erkennen, wie die eigene Arbeit für interne Zielgruppen (z. B. andere KollegInnen) oder externe Zielgruppen (z. B. Kunden) von Nutzen ist, z. B. durch Rückmeldung von Kunden oder Kolleginnen. Weiterhin ist es wichtig festzustellen, ob Beschäftigte den eigenen Beitrag für die Ziele einer Organisation (z. B. ein Produkt oder eine Dienstleistung) verstehen und wiedergeben können.
Rückmeldung durch die Tätigkeit
Eine Arbeitstätigkeit sollte so gestaltet sein, dass aus der Arbeitsaufgabe heraus Rückmeldungen möglich sind, sodass Fehlentwicklungen korrigiert werden können und Beschäftigte wissen, wo sie auf dem Weg zum Ziel liegen. Das vermeidet das Erleben von Ziellosigkeit und erhöht das Sinnerleben.
Art der Arbeit/Tätigkeit/Beruf
Auf einer sehr grundlegenden Ebene ist es wahrscheinlicher, dass Menschen eine sinnvolle Arbeit in Situationen finden, in denen Grundbedürfnisse bei der Arbeit erfüllt werden und sie sich für ihre Arbeit geschätzt fühlen. Die Forschung untermauert dies und zeigt, dass sichere Bedingungen, Zugang zu medizinischer Versorgung, Entwicklungsmöglichkeiten, Arbeitszeit und angemessene finanzielle Vergütung einen Einfluss auf das Sinnerleben haben. Um dem Einzelnen die Möglichkeit zu geben, der Arbeit einen Sinn zu geben, sollten Unternehmen daher sicherstellen, dass Beschäftigte an Arbeitsplätzen arbeiten, die ihrer Qualifikation entsprechen und Entwicklungsmöglichkeiten bieten.
Organisationale Faktoren
Führungsverhalten
Sinnerleben entsteht bei Beschäftigten, wenn sie ein Verständnis dafür entwickeln können, wie die tägliche Arbeit mit wichtigen persönlichen Werten verbunden ist, die idealerweise mit den Zielen oder dem Purpose der Organisation übereinstimmen. Führungskräfte haben daher die kommunikative Aufgabe die Transformation von organisationalen Zielen hin zur Verknüpfung individueller Werte zu vermitteln. Darüber hinaus zeigen einige bestimmte Führungsstile, wie z. B. der transformationale oder ethische Führungsstil, dass diese bei Anwendung das Sinnerleben bei Beschäftigen deutlich erhöhen. Eine Übersicht verschiedener Führungsstile werden hier gefunden.
Organisationskultur
Organisationskultur verstanden als Muster gemeinsam geteilter, grundlegender Annahmen hat einen positiven Einfluss auf das Erleben der Sinnhaftigkeit, wenn innerhalb der Organisation eine gleich-ausgerichtete, statt vieler unterschiedlicher Kulturen bestehen, und die Kultur folgende Facetten beinhaltet:
• Innovation, gekennzeichnet durch Unternehmergeist, persönliche Initiative und Wachstum,
• Unterstützung, gekennzeichnet durch Empowerment der Mitarbeiter und ein humanes Arbeitsumfeld und
• Ethik, gekennzeichnet durch den Fokus auf Werte und Integrität.
Mehr zum Thema Organisationskultur wird hier gefunden.
Richtlinien und Praktiken der Organisation
Als potenziell geeignete Richtlinien und Praktiken muss insbesondere Corporate Social Responsibility (CSR) (bzw. unternehmerische Sozialverantwortung) hervorgehoben werden, da es die Erfahrung von Sinnerleben dadurch verbessern kann, dass Beschäftigte sich stärker mit der Organisation identifizieren und Stolz erleben, wenn die Organisation wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte sowie insbesondere das Wohlergehen anderer (Stakeholder, Gesellschaft, etc.) berücksichtigt. Entscheidend für Organisationen ist es aber Richtlinien (z. B. entwickelte Leitlinien) oder HR-Praktiken in den Alltag zu integrieren, da sonst die Gefahr besteht, dass die Organisation als unauthentisch erlebt wird und dies im schlimmsten Fall zur Aushöhlung von Sinnerleben führt.
Sozialer Kontext der Arbeit
Die wahrgenommene Zugehörigkeit ist der wichtigste organisationale Faktor zum Erleben von Sinn auf Arbeit. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe kann identitätsstiftend wirken und ist damit auch ein wichtiger Bestandteil des Selbstwertgefühls jedes Einzelnen. Weiterhin bietet eine Gruppe auch immer die Möglichkeit, anderen zu helfen, zu beraten oder sich um die andere Person kümmern zu können – dies erlaubt die Erfüllung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse „zu geben“, die sinnstiftend wirken. In der Praxis bedeutet dies, dass Organisationen ihre Arbeitszeitkonzepte, Arbeitsprojekte, mobile Arbeit, Offices etc. so gestalten sollten, dass die Möglichkeit besteht, positive Beziehungen am Arbeitsplatz zu schaffen und zu erhalten. Vor dem Hintergrund steigender Remote-Arbeit müssen Organisationen dem sozialen Kontext und dem damit zusammenhängendem Sinnerleben der Beschäftigten mehr Bedeutung beimessen und dieses aktiv fördern.
individuelle Faktoren
Organisationen sollten schon beim Recruiting eine fundierte Diagnostik einsetzen, um ein Match zwischen Stelle und den Persönlichkeitsmerkmalen, Kompetenzen und Motiven der Kandidatin zu identifizieren, damit Sinnerleben ermöglicht wird.
Disposition
Zu den dispositionellen Merkmalen, welche Einfluss auf das Sinnerleben haben zählen Interessen, Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale. Studien bestätigen, dass wenn sich die Arbeitstätigkeit mit den persönlichen Interessen deckt, eine höhere Sinnhaftigkeit erlebt wird. Ebenfalls entscheidend ist, ob die Fähigkeiten der Beschäftigten auf Arbeit gefordert sind; so erfahren sich Beschäftigte als gebraucht. Zwischen konkreten Persönlichkeitsmerkmalen und dem Erleben von Sinn zeigen sich geringe positive Zusammenhänge, z. B. bei den Persönlichkeitsmerkmalen wie Gewissenhaftigkeit, Offenheit und Extraversion.
Motive
Des Weiteren ist es wichtig, ob die eigenen Motive (z. B. Leistungs- oder Machtmotiv) im Job befriedigt werden können, z. B. sollte eine Person mit einem hohen Anschlussmotiv (Bedürfnis nach sozialen Kontakten) und einem durchschnittlichen Machtmotiv (Bedürfnis autonom zu handeln, Situationen zu gestalten, Führungsstärke zu zeigen bzw. Einfluss auf andere auszuüben) eine verantwortungsvolle Position bekleiden (Befriedigung Machtmotiv) und auch in eine Gruppe oder Team eingebettet sein (Befriedigung Anschlussmotiv), um die Motive befriedigen zu können. Das Ausleben von Motiven im Job wird als sinnstiftend erlebt.
Narration
Auch die Art, wie Menschen das Erlebte in Sprache fassen und als Geschichte darstellen (Narration) hat einen Einfluss, wie stark Sinn selbst erzeugt wird. Dies zeigt sich zum Beispiel, wenn wir in einem vertrauten Gespräch Vergangenes gedanklich Revue passieren lassen und im Erzählen mit der Gesprächspartnerin erst den Sinn durch das Sprechen selbst erleben („Aha-Moment“), weil wir das Erlebte vielleicht vorher nie in einer strukturierten Form ausgesprochen hatten. Diesbezüglich empfehlen verschiedene psychologische Ansätze (z. B. narrative Psychologie) das Erlebte aufzuschreiben. Durch die Strukturierung beim Schreiben, kann sich das Sinnerleben verbessern.
Gesellschaftliche Faktoren
Gesellschaftliche Faktoren beeinflussen den Zugang der Menschen zu sinnstiftenden Arbeitsplätzen, aber auch die persönlichen Wege bzw. kulturellen Bewertungen des Einzelnen beim Erleben von Sinnhaftigkeit. Das Mindestmaß an Qualität eines Arbeitsplatzes und Berufes sollte menschenwürdig sein und die fundamentalen menschlichen Grundbedürfnisse erfüllt werden damit Arbeit auch als sinnvoll erlebt werden kann.
Handlungsempfehlung
Die Arbeit sinnstiftend für Beschäftigte zu gestalten, wird zu einem immer wichtigeren Attraktivitätsmerkmal im Wettbewerb um Arbeitnehmer:innen.
Für eine sinnstiftende Arbeits- und Organisationsgestaltung empfehlen wir Ihnen im ersten Schritt eine fundierte Organisationsdiagnostik, z. B. in Form einer Mitarbeiter:innenbefragung, um konkrete Stellschrauben arbeitsbezogenen Sinnerlebens zu indentifizieren. Daraufaufbauend können passende Maßnahmen konzipiert und eingeführt werden.
Auf persönlicher Ebene bieten wir individuelle Coachings an, um Sinnkrisen zu bewältigen und Ziele durch eigenständig entwickelte Lösungsprozesse zu erreichen.
Das Sinnerleben wird die Zufriedenheit von Beschäftigten steigern und Wechselabsichten verringern.