Einführung Diversity & Inclusion (D&I)
Warum stellt in einer zunehmend globalisierten und dynamischen Welt die Integration von Diversity & Inclusion (D&I) in die Unternehmensstrategie einen wesentlichen Faktor für den Erfolg und die Nachhaltigkeit dar? Dieser Artikel zielt darauf ab, kurz und knapp ein psychologisch-wissenschaftliches Verständnis für D&I zu schaffen, indem die Unterschiede zwischen Diversität und Inklusion beleuchtet und ihre Bedeutung im Unternehmenskontext dargelegt werden. Darüberhinaus liefern wir ein Praxisbeispiel zur Integration von D&I.
Begrifflichkeiten
Der Begriff Diversität bezieht sich dabei allgemein auf das Vorhandensein von Unterschieden von Personen aus verschiedenen Hintergründen wie Lebenserfahrungen, Fähigkeiten, Arbeitsort und nicht nur die Soziodemografie (z. B. Geschlecht, Herkunft), wie es allgemein in der Öffentlichkeit verstanden und verkürzt wird. Einen Überblick zu Vielschichtigkeit des Begriffes Diversität bietet das 4-Layer-Modell von Gardenswartz & Rowe (2003) in dem vier grundlegende Dimensionen von Diversität unterscheiden werden: Persönlichkeit, innere Dimension, äußere Dimension und organisatorische Dimension, die aus mehreren konkreten Elementen bestehen. Oft werden Unternehmen als nicht oder kaum divers tituliert, da sie weniger Personen mit soziodemographischen Elementen, wie z. B. unterschiedliche Herkünfte und Ethnien, beschäftigen. Diese Annahme ist falsch! Diversität besteht aus vielen Elementen, in welchem sich die Unternehmen maßgeblich unterscheiden. Auch ein altersgemischtes Team ist in Bezug auf das Element Alter divers. Die Zusammensetzung von altersgemischten Teams hat wiederum eine nachweislichen Einfluss auf z. B. die Teamleistung (Wegge et al., 2015). Daher geht das Thema Diversität alle Unternehmen an. Diversität kann dabei nicht ohne Inklusion gedacht werden. Inklusion geht über die reine Zusammensetzung der Belegschaft hinaus und befasst sich mit der Schaffung eines Umfelds, das alle Mitarbeiter dazu ermutigt und befähigt, ihre volle Leistungsfähigkeit zu entfalten.
Warum sind D&I-Praktiken wichtig für Unternehmen?
Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, eine immer diverser werdende Belegschaft und Kundenbasis zu integrieren und zu bedienen. D&I-Praktiken sind entscheidend, um diese Herausforderungen zu meistern und von einer vielfältigen Perspektivenlandschaft zu profitieren. Diverse Teams fördern Kreativität und Innovation, während inklusive Arbeitsumgebungen die Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit steigern. Darüber hinaus stärken D&I-Praktiken das Unternehmensimage und tragen zur sozialen Verantwortung bei.
Theoretischer Hintergrund: Diversität
Wie kann Diversität innerhalb eines Teams die Leistung durch eine vertiefte Informationsverarbeitung und Perspektivenvielfalt verbessern? Das Kategorisierungs-Elaborations-Modell (CEM), entwickelt von van Knippenberg und Kollegen (2004), ist ein theoretischer Rahmen, der erklärt, wie und unter welchen Umständen Diversität die Leistung von Teams beeinflussen kann. Das Modell nimmt an, dass Diversität grundsätzlich die Fähigkeit eines Teams zur tieferen und differenzierten Verarbeitung von Informationen verbessert, was wiederum den Austausch von Ideen, die Diskussion und die Anwendung auf verschiedene Problemstellungen fördert. Dieser Prozess, bekannt als Elaboration, kann die Gruppenleistung, insbesondere in Bezug auf Kreativität, Innovation und Entscheidungsqualität nachweislich steigern. Der Einfluss von Diversität auf die Elaboration und damit auf die Teamleistung ist jedoch nicht unter allen Umständen gegeben. Er wird durch mehrere Faktoren moderiert, einschließlich:
- Der Natur der Aufgabe: Aufgaben mit hohen Anforderungen an Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung profitieren mehr von Diversität.
- Der Motivation der Teammitglieder: Hoch motivierte Mitglieder nutzen die Vorteile von Diversität eher.
- Den Fähigkeiten der Teammitglieder: Mitglieder mit den erforderlichen Fähigkeiten zur Bewältigung der Aufgabe können Diversität besser nutzen.
Das Modell betrachtet auch die soziale Kategorisierung und wie sie die Teamdynamik beeinflusst. Soziale Kategorisierung ist ein psychologischer Prozess, bei dem wir Menschen in Gruppen einteilen. Es ist ein fundamentaler und automatischer Mechanismus, der hilft, die soziale Welt zu organisieren und zu vereinfachen, indem er komplexe Informationen in handhabbare Kategorien unterteilt. Dieser Vorgang basiert auf gemeinsamen Merkmalen oder wahrgenommenen Ähnlichkeiten. Soziale Kategorisierungsprozesse hängen von verschiedenen Faktoren ab:
- Kognitive Zugänglichkeit: Wie leicht Mitglieder soziale Kategorien in einem Team wahrnehmen können („Der ist ja Latino, die machen immer so langsam“).
- Normativer Fit: Das Ausmaß, in dem die Kategorisierung für die Mitglieder inhaltlich sinnvoll ist.
- Komparativer Fit: Die Ähnlichkeit zwischen gebildeten Subgruppen innerhalb des Teams.
Wichtig ist, dass soziale Kategorisierungen nicht gleichzusetzen ist mit einem Intergroup Bias, der bevorzugte Einstellungen gegenüber der eigenen Gruppe (in-group) im Vergleich zu anderen Gruppen (out-group) beschreibt. Der Intergroup Bias kann negative Auswirkungen auf die Teamleistung haben, insbesondere wenn er mit Bedrohungen der Gruppenidentität verbunden ist; in diesem Fall könnte z. B. die Aussage „der ist ja Latino, die machen immer so langsam“ als konkrete Bedrohung und Abwertung von der Identität und Gruppenzugehörigkeit („Latinos“) des Empfängers erlebt werden, was nachfolgend zu Konflikten und einer schlechteren Teamleistung führt. Das CEM postuliert, dass Elaboration und soziale Kategorisierung interagieren, sodass ein Intergroup Bias die Elaboration behindern kann, während Diversität sowohl die Elaboration fördert als auch zu sozialen Kategorisierungsprozessen führen kann. Verschiedene organisationale Praktiken und das konkrete Führungsverhalten können die Wechselbeziehung positiv beeinflussen.
Theoretischer Hintergrund Inklusion
Inklusion geht über die reine Zusammensetzung der Belegschaft hinaus und sie befasst sich mit der Schaffung eines Umfelds, dass alle Mitarbeitenden dazu ermutigt und befähigt, ihre volle Leistungsfähigkeit zu entfalten. Die optimale Unterscheidungstheorie (Optimal Distinctivness Theory – ODT; Brewer at al., 2003) und die Selbstbestimmungstheorie (Self Determination Theory – SDT; z. B. Ryan, & Deci, 2000) bieten wertvolle Einblicke in die Mechanismen, die Inklusion in Organisationen fördern. Die optimale Unterscheidungstheorie argumentiert, dass Individuen ein Gleichgewicht zwischen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe und ihrer individuellen Einzigartigkeit suchen. In einem inklusiven Arbeitsumfeld können Mitarbeiter:innen dieses Gleichgewicht finden und sowohl ihre sozialen Bedürfnisse als auch ihr Bedürfnis nach Individualität befriedigen. Die Selbstbestimmungstheorie betont die Bedeutung von Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit als grundlegende psychologische Bedürfnisse. Inklusive Unternehmen schaffen Rahmenbedingungen, die es den Mitarbeitern ermöglichen, autonom zu handeln, ihre Fähigkeiten zu nutzen und starke soziale Bindungen am Arbeitsplatz zu entwickeln. Diese Bedingungen tragen dazu bei, dass sich Mitarbeiter:innen wertgeschätzt fühlen, was wiederum ihre intrinsische Motivation und ihr Engagement für ihre Arbeit erhöht.
Diese Theorien zeigen, dass Inklusion nicht nur ein ethisches Ziel ist, sondern auch ein entscheidender Faktor für die Leistungsfähigkeit von Unternehmen ist. Inklusion ermöglicht es Unternehmen, das volle Potenzial ihrer diversen Belegschaft zu nutzen, was zu höherer Innovation, besserer Entscheidungsfindung und letztendlich zu einem besserem Unternehmensergebnis führt.
Praxisbeispiel
In der Praxis zur Umsetzung von D&I-Strategien ist die Messung von Diversität und Inklusion ein entscheidender Schritt. Ein solches Beispiel bietet die nachfolgende Fallstudie in der die Implementierung eines spezifischen D&I-Messinstruments illustriert wird.
- Fragebogenentwicklung: Die Organisation hat sich der Herausforderung gestellt, D&I zu bewerten und zu fördern. Hierzu wurde ein Fragebogen entwickelt, der darauf abzielt, die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Mitarbeiter:innen in Bezug auf D&I am Arbeitsplatz zu erfassen. Dieser Fragebogen enthielt sowohl quantitative als auch qualitative Elemente, die darauf ausgerichtet waren, ein tiefgehendes Verständnis für die vorhandene Unternehmenskultur zu erhalten und Bereiche zu identifizieren, in denen Verbesserungen notwendig sind.
- Auswahl an soziodemografischen Fragen und Beachtung des Datenschutz: Die soziodemographischen Fragen wurden sorgfältig ausgewählt, um ein umfassendes Bild der Belegschaft zu erhalten, ohne die Privatsphäre der Mitarbeiter:innen zu verletzen. Dies schloss Fragen zum Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Bildungsniveau, etc. ein. In das Datenschutzkonzept wurde eine Einwilligung als auch ein Widerrufsrecht zur Löschung der individuellen Beschäftigten-Daten integriert.
- Entwicklung von Forschungsfragen: Es wurden zentrale Forschungsfragen im Rahmen der Umfrage formuliert, um z. B. zu verstehen, wie die Ausprägung bestimmter sozio-demografischer Variablen, wie zum Beispiel Alter oder Unternehmenszugehörigkeit, das Inklusionsempfinden der Beschäftigten beeinflusst.
- Statistische Auswertung: Nach der Datenerhebung wurde eine umfassende statistische Auswertung durchgeführt. Die Analyse umfasste deskriptive Statistiken zur Darstellung der Belegschaftszusammensetzung sowie inferenzstatistische Methoden, um Zusammenhänge zwischen den demografischen Variablen und dem Inklusionsempfinden zu untersuchen. Hierbei wurden multiple Regressionsanalysen verwendet, um den Einfluss mehrerer unabhängiger Variablen gleichzeitig zu bewerten.
- Ableitung von Maßnahmen: Auf Basis der Ergebnisse wurden gezielte Maßnahmen abgeleitet, z. B. die Einführung eines Mentoring-Programms, dass darauf abzielte, die Integration neuer Mitarbeitenden zu fördern und den Austausch zwischen Mitarbeiter:innen unterschiedlicher Hintergründe zu verbessern. Darüber hinaus wurden Schulungen für Führungskräfte implementiert, die diese darin schulen sollten, ein inklusives Umfeld zu fördern und unbewusste Vorurteile zu erkennen und abzubauen.
Diese praktische Anwendung des D&I-Messinstruments bei der Organisation zeigt, wie durch gezielte Diagnostik und datengestützte Analyse gezielte Maßnahmen zur Förderung von D&I ergriffen werden können, die letztendlich zur Schaffung einer inklusiveren und leistungsstärkeren Organisation beitragen.
Ein inklusives Unternehmen schätzt und nutzt die Vielfalt seiner Mitarbeiter:innen, was nicht nur die Mitarbeiterbindung stärkt, sondern auch zu einer breiteren Perspektive auf Märkte und Produkte führt.
Unsere NWI Berater:innen unterstützen Sie gern bei der Durchführung zu D&I Projekten.
Literatur
Brewer M. B. (2003). Optimal distinctiveness, social identity, and the self. In Leary M. R., Tangney J. P. (Eds.), Handbook of self and identity (pp. 480-491). New York, NY: Guilford Press.
Gardenswartz, L., & Rowe, A. (2003). Diverse teams at work: Capitalizing on the power of diversity. Alexandria, VA: Society of Human Resource Management.
Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American psychologist, 55(1), 68.
Van Knippenberg, D., De Dreu, C. K., & Homan, A. C. (2004). Work group diversity and group performance: an integrative model and research agenda. Journal of applied psychology, 89(6), 1008
Wegge, J. (2016). Management altersgemischter Teams. In P. Genkova & T. Ringeisen (Hrsg.), Handbuch Diversity Kompetenz: Gegenstandsbereiche (S. 12). Wiesbaden: Springer Fachmedien.